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MBT-70

 

Die Feuerleitanlage des Kampfpanzer 70

Bereits seit 1963 gab es in der westlichen Welt Bestrebungen einen völlig neuen, revolutionären Kampfpanzer zu entwickeln. Der MBT-70 sollte sich durch hochwertige Ausstattung mit der besten damals verfügbaren Technologie gegen alle gegenwärtigen und zukünftigen Kampfpanzern des Ostens erfolgreich durchsetzen können. Um diese gewaltige finanzielle und organisatorische Aufgabe bewältigen zu können, wurde dieser Panzer gemeinsam von Deutschland und den USA entwickelt. Nach vielen Jahren Arbeit musste man feststellen das die technologischen Probleme nicht in einem vertretbaren Zeitraum zu bewältigen waren. Als 1967 die ersten Prototypen von insgesamt 14 gebauten MBT-70 bereit standen, waren die Kosten längst allen Planungen davon geeilt. Deutschland entschloß sich deswegen 1969 zum Ausstieg aus dem gemeinsamen Projekt, die USA arbeiteten noch bis 1971 weiter an einer abgespeckten Version mit der Typenbezeichnung XM-803. Letztlich gaben die Ergebnisse der Entwicklungsarbeit dennoch entscheidende Impulse für die Konstruktion des deutschen Leopard 2 und des amerikanischen M1 Abrams.
Leider gibt noch immer wenig detailierte Informationen zur Feuerleitanlage des MBT-70. Im folgenden soll der Versuch gemacht werden die wenigen Informationen zusammen zu tragen.

Der MBT-70 sollte in der Lage sein aus seiner Hauptwaffe den Lenkflugkörper Shillelagh  zu verschießen und zusätzlich auch herkömmliche Munition einzusetzen. Er erhielt dazu die Kombinationswaffe XM-150 vom Kaliber 152 mm mit einem gezogenen Rohr von 43,5 Kaliberlängen. Diese Waffe findet sich mit kürzerem Rohr später im leichten Panzer Sheridan als XM-81 und im M60A2 als XM-162 wieder. Eine aufwändige Feuerleitanlage sollte eine maximale Treffwahrscheinlichkeit garantieren, dabei auf erheblich größere Entfernungen als alle bisherige Panzerkanonen. Die Kosten für diese Feuerleitanlage erreichte zum Schluß rund 43 % der Gesamtkosten.

Für den Kommandanten wurde von der Firma DELCO Electronics erstmalig ein Rundblickzielfernrohr mit einer unabhängig in zwei Ebenen stabilisierten Optik entwickelt. Dieses Gerät basiert auf dem im Leopard 1 verwendeten Rundblickfernrohr. Der Tagkanal besaß eine wechselbare 3fache und 8fache Vergrößerung. Dieses Gerät enthielt zusätzlich einen Nachtsichtkanal auf der Basis eines externen Restlichtverstärkers. Die Stabilisierungsgüte garantierte bei Geschwindigkeiten bis zu 30 km/h einen Fehler in Höhe und Seite von maximal 0,05 Strich. Das externe Restlichtverstärker-Sichtgerät, war hydraulisch in den Turm versenkbar um es bei Nichtbenutzung vor Feuer schützen zu können. Denn seine Baugröße ereichte gewaltige Ausmaße.

Bild 1 zeigt die Kommandantenluke von rechts hinten. Rings um die Luke sind 6 großflächige Winkelspiegel untergebracht die volle Rundumsicht gewährleisten. Bild 2 zeigt links das hydraulisch versenkbare, stabilisierte Infrarot-Rundblickzielfernrohr. Rechts daneben befindet sich das ebenfalls stabilisierte Tageslicht-Rundblickzielfernrohr. Dieses Gerät wird auch verwendet für das Schießen mit der automatischen 20 mm Kanone, die als Sekundärwaffe und zur Bekämpfung tieffliegender Luftziele vorgesehen war. Direkt vor der Kommandantenluke hat der Richtschütze seine Luke.

mbt-70-kdt-1.jpg mbt-70-kdt-3.jpgmbt-70-kdt-2.jpgmbt-70-kdt-4.jpg

Bild 3 zeigt die Frontansicht der Bedieneinheit des Rundblickzielfernrohres für den Kommandanten. Die Strichplatte konnte in der Helligkeit angepasst werden. Eine elektrische Enteisungseinrichtung für den Winter war zuschaltbar. Mit zwei Stellrädern an der Unterseite konnten vermutlich Winkel gemessen werden bzw Korrekturen für das Schießen eingestellt werden. Mechanische Anzeigen unterhalb und rechts des Okulars zeigen die Werte an. Oberhalb des Okulars befindet sich eine gleichartige mechanische Richtungsanzeige Bild 4 zeigt den Kommandantenplatz aus Sicht des Fahrerplatzes. Links ist erkennbar die hydraulische Hubeinrichtung für das externe Restlichtverstärker-Rundblickfernrohr. Im Zentrum des Bildes befindet sich das hydraulische Turmschwenkwerk. Rechts oben sieht man die Rückseite der Bedieneinheit für die Feuerleitanlage.

mbt-70-kdt-5.jpgBild 5 An dieser Bedieneinheit befinden sich von rechts gesehen der Schalter zur Richtschützenüberwachung und ein Drehknopf für Tests, der Betriebsartenschalter (Aus-Lauer-Ein), die Schalter für die Bedienung der Sekundärwaffe und der Waffenentsicherungsschalter (Sekundärwaffe-Beobachten-Hauptwaffe-MG). Die Sekundärwaffe, die 20 mm Kanone, kann wahlweise AP oder HE verschießen. Neben dem Munitionsartenwahlschalter der Sekundärwaffe befindet sich noch ein Feuerartenwahlschalter. Die Sekundärwaffe kann wahlweise Einzelfeuer, Dauerfeuer oder in genormten Feuerstößen schießen.
Links der Schaltergruppe befinden sich der Munitionswahlschalter für 5 Munitionssorten und direkt darüber die Anzeigen für den Munitionsvorrat. Außerdem der Schalter "Scharf" für den automatischen Laderbetrieb und "Entladen" für das Entmunitionieren. Ganz links unter einem Schutzdeckel befindet sich die Bedienungseinheit für den Abschuss von Nebel- bzw Sprengkörpern. Links neben der Bedienungseinheit befindet sich die Munitionsausgabeluke vom Magazin im Turmheck zum teleskopischen Laderohr des
Ladeautomaten. Die Anbringung der Bedieneinheit liegt bei diesem MBT-70 dem Ausgabefenster im Weg. Vermutlich wurde hier mit der Unterbringung der Bedienbaugruppen experimentiert. Es befinden sich auch keinerlei Baugruppen des Ladeautomaten im Kampfraum dieses Musters.

mbt-70-rs-2.jpgDas Hauptzielfernrohr, ebenfalls von DELCO, besaß einen in zwei Ebenen unabhängig stabilisierten Ausblickkopf. Die Kanone wurde dem primär stabilisierten Spiegel nachgeführt. Ein stufenloser 7 bis 14 facher Zoom ermöglichte einen raschen und situationsbezogenen Vergrößerungswechsel.
Im XM-803 ging man von dieser fortschrittlichen Lösung wieder ab und installierte wahlweise eine 8 bzw 12fache Vergrößerung. Zur Entfernungsermittlung installierte man ab 1967 einen Laser-Entfernungsmesser der amerikanischen Firma RCA. 
mbt-70-rs-1.jpgBild 6 (links) zeigt den Platz des Richtschützen. Das Hauptzielfernrohr ist bei diesem MBT-70 entfernt. Zu erkennen ist hinter dem Okular des Hilfszielfernrohres der runde Durchbruch für den optischen Kanal zum Spiegelkopf an der Turmfront. Das Hilfszielfernrohr ist ein Teleskopzielfernrohr in der Art des TZF-1 im Leopard 1. Unten links im Bild 6 in der Wanne erkennt man eine Bedienbaugruppe des Feuerleitgerätes. Bild 7 (rechts) zeigt den gleichen Platz aus Sicht des Fahrerstandes. Oberhalb des Okulars des Hilfszielfernrohres befindet sich die Luke des Richtschützen. Unmittelbar hinter dem Richtschützen befindet sich die Hubeinrichtung für das IR-Rundblickzielfernrohr.

mbt-70-rs-4.jpgmbt-70-rs-3.jpg 

Bild 8 (links) zeigt den Ausblick für das Hauptzielfernrohr mit Laser-Entfernungsmesser des Richtschützen. Eine bewegliche Schutzklappe schützt vor Schäden bei Beschuss. Der stabilisierte Spiegelkopf des Zielfernrohres ist gut zu erkennen. Bild 9 rechts daneben zeigt den Ausblick für das Erd-Zielfernrohr der Sekundärbewaffnung, ebenfalls mit einer Schutzklappe verschließbar.mbt-70-fahrer-1.jpg Direkt dahinter befindet sich der Schacht mit der ausgefahrenen 20 mm Kanone. Die Winkelspiegel links daneben gehören zum drehbaren Fahrerstand. Bild 10 , rechts, zeigt den Fahrerstand im Turm. Der Fahrer wurde in seinem Stand automatisch auf die Fahrtrichtung der Wanne ausgerichtet. Allerdings waren die Beschleunigungen beim Mitdrehen, wie berichtet wurde, nicht sehr angenehm und entsprachen nicht immer den Bewegungen der Wanne. Deshalb erforderte das Führen des MBT-70 ein hohes räumliches Vorstellungsvermögen durch den Fahrer.

Für den Nachtkampf verfügte der Richtschütze über ein passives Nachtsichtgerät. Anfangs verwendete man noch einen zusätzlichen Schießscheinwerfer mit einer Xenon-Lampe. Später gab es Versuche ein passives Infrarotgerät mit einem Impulslaser zu kombinieren um die letztlich ungenügende Reichweite und nur durchschnittliche Bildauflösung der Infrarotgeräte zu erhöhen. Der Impulslaser wirkte dabei faktisch wie eine "RADAR"-Strahl und sollte das Ziel zusätzlich aufhellen. Bei diesem elektronisch angesteuerten Verfahren arbeitet die Bildwandlerröhre pulsierend, um zu gewährleisten das nur die vom unmittelbaren Zielumfeld reflektierten Laserstrahlen im Sichtfeld angezeigt werden. Letztlich arbeitet dieses Gerät aber aktiv und kann daher aufgeklärt werden. Da die Wärmebildgeräte wenig später Einsatzreife erreichten, wurde dieses Verfahren nicht weiter verfolgt.

mbt-70-stabilisator-1-1.jpgDer MBT-70 war der erste Kampfpanzer mit einer vollständigen elektronischen Feuerleitanlage. Der ballistische Rechner der Firma DELCO errechnete alle zum Schießen notwendigen Werte und steuerte auch die Auslenkung der Hauptwaffe und des Turms in Bezug zur Visierlinie des Hauptzielfernrohres entsprechend der errechneten Vorhalte und des Erhöhungswinkels. Sensoren ermittelten alle zum Schießen notwendigen Werte, wie Luft- und Pulvertemperatur, Luftdruck, Schildzapfenverkantung, Seitenwind, Verringerung der Anfangsgeschwindigkeit durch Rohrabnutzung usw. Ein neuartiges geschwindigkeitsunterstütztes Zielverfolgungssystem, die sogenannte Rücksteuerung, verminderte die Fehlerwahrscheinlichkeit beim Schießen aus der Bewegung um die Hälfte. Dabei ermittelt der ballistische Rechner die Veränderung des horizontalen Winkels zwischen Turm und Wanne, wenn der Panzer aus der Bewegung und bzw. oder auf ein  fahrendes Ziel schießt und korrigiert selbständig die Visierlinie, so dass der Schütze beim Anrichten nur noch die Bewegung des Ziels begleiten muß.
Insgesamt wurde eine hohe Stabilisierungsgüte erreicht, die Standardabweichung bei 32 km/h Geschwindigkeit lag bei maximal 0,05 Strich. Die elektrohydraulische Richtanlage ermöglichte Richtgeschwindigkeiten in der Horizontalen von maximal 60 Grad/sec und in der Vertikalen von bis zu 8 Grad/sec.

 

Hinweis: Wer weitere Informationen zum MBT-70 besitzt oder Fehler in den obigen Ausführungen erkennt, den bitte ich um eine kurze Nachricht. Alle verfügbaren Informationen wurden ausgewertet und mussten in Verbindung mit den Fotos zum Teil interpretiert werden.

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Stefan Kotsch