1991 - 1993 Im
Panzerbataillon 403 Schwerin Stern-Buchholz
Aus meiner Dienstzeit
in der Bundeswehr sind mir die Leitsätze für Vorgesetze besonders
nachhaltig in Erinnerung geblieben. Darum sollen diese Leitsätze
hier nochmals veröffentlicht werden.
Leitsätze
für Vorgesetzte
Führungsstil
Leitsatz 1 Der
Vorgesetzte festigt seine Autorität auch durch Beispiel in
Haltung und Pflichterfüllung. Dazu gehören auch
Überzeugungskraft und Initiative, fachliches Können und ein
gutes menschliches Verhältnis zu seinen Untergebenen.
Leitsatz 2 Der
Vorgesetzte läßt sich – wenn zweckmäßig –
vor Entscheidungen beraten. Den oder die Berater wählt er in
Abwägung des Gegenstandes, des Sachverstandes und des
Betroffenseins aus. Diskussion ist ein wichtiges Mittel der
Entscheidungsfindung. Die Gesamtverantwortung bleibt beim
Vorgesetzten.
Leitsatz 3 Der
Vorgesetzte überwacht die Ausführung seiner Befehle und
Aufträge. Befehle und Aufträge gibt er so, dass die
Dienstaufsicht wo möglich als Erfolgskontrolle ausgeübt
wird.
Leitsatz 4 Der
Vorgesetzte delegiert Aufgaben und die damit verbundene
Teilverantwortung. Das schafft die Voraussetzung für Mitwirkung,
Mitverantwortung und vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Leitsatz 5 Der
Vorgesetzte soll den Soldaten die Bedeutung ihres Tuns durch sein
sichtbares Interesse erkennbar machen; das gilt vor allem für
ungeliebte Tätigkeiten.
Leitsatz 6 Der
Vorgesetzte bemüht sich, seinen Soldaten die Notwendigkeit der
ihnen erteilten Aufträge zu erläutern und Verständnis
für seine Anforderungen zu wecken. Der Vorgesetzte erklärt
seinen Soldaten den Sinn ihrer Tätigkeiten so, dass ihnen
Handeln aus Einsicht möglich wird, damit Gehorsam auch dann
ausgeübt wird, wenn die Umstände Informationen und
Erklärungen nicht zulassen.
Leitsatz 7 Der
Vorgesetzte sucht das Gespräch mit einzelnen Soldaten und mit
Soldaten in Gruppen. Durch das Prinzip der Offenen Tür, z. B.
festgelegte Sprechzeiten, stellt er sicher, dass seine Soldaten ihm
ihre Anliegen vortragen können.
Leitsatz 8 Der
Vorgesetzte gibt den gewählten Vertrauensmännern
Gelegenheit zur Aussprache. Er regt sie sogar dazu an. Er ist sich
bewusst, dass ihre Aufgabe nicht nur in der Mitwirkung bei
Disziplinarangelegenheiten besteht. Die Vertrauensmänner tragen
auch zur verantwortungsvollen Zusammenarbeit zwischen Vorgesetzten
und Untergebenen, zur Erhaltung des kameradschaftlichen Vertrauens
innerhalb der Einheit, zur Gestaltung des inneren Dienstbetriebes, in
Fragen der Fürsorge, der Berufsförderung und des
außerdienstlichen Gemeinschaftslebens bei. Bei Bedarf
unterstützt der Vorgesetzte die Vertrauensmänner, indem er
einzelne oder mehrere geeignete Soldaten bei der Erfüllung
bestimmter Aufgaben zur Verfügung stellt.
Ausbildung
Leitsatz 9 Der
Vorgesetzte soll seinen Soldaten Ausbildung vorrangig als Förderung
verständlich machen und damit Selbsterziehung und Initiative
herausfordern. Anleitung, Hilfe und Ermutigung sind hierzu oft
wirksamer als andere Maßnahmen.
Leitsatz 10 Der
Vorgesetzte bemüht sich um Selbstkontrolle. Gegenüber
kritischen Vorstellungen seiner Untergebenen ist er aufgeschlossen.
Eigenen Fehler einzugestehen schadet der Autorität nicht.
Leitsatz 11 Der
Vorgesetzte gibt die Anerkennung, die er für Leistungen seiner
Einheit erhält, an seine Unterstellten weiter. Bei Misserfolgen
sucht er die Ursachen zunächst bei sich und dann erst bei seinen
Untergebenen.
Leitsatz 12 Der
Vorgesetzte bemüht sich um das Vertrauen seiner Untergebenen. Er
berücksichtigt deren Leistungsfähigkeit und fordert weder
zu viel noch zu wenig. Durch Vorgabe von Vertrauen und durch
Inkaufnehmen auch von Misserfolgen erreicht der Vorgesetzte, dass
seine Untergebenen mehr und mehr sich selbst vertrauen,
Schwierigkeiten immer besser meistern und größere
Verantwortung übernehmen können.
Leitsatz 13 Der
Vorgesetzte beherzigt, dass der Erfolg der Ausbildung nicht nur auf
Wort und Lehre beruht, sondern auch von seinem persönlichen
Verhalten bestimmt wird. Er teilt Härten und Entbehrungen mit
seinen Soldaten.
Leitsatz 14 Der
Vorgesetzte soll sich mit Sprech- und Denkweise, Einstellungen,
Kenntnissen und Belastungsfähigkeit seiner Soldaten vertraut
machen. Er knüpft an die Erfahrungen und Interessen seiner
Soldaten an, um sie richtig einsetzen und bessere Leistungen erzielen
zu können.
Leitsatz 15 Der
Vorgesetzte berücksichtigt, dass in der Ausbildung starke
Einflüsse auch von den unterstellten Soldaten und von den
Beziehungen der einzelnen Glieder und Gruppen ausgehen. Die Kenntnis
der Gruppenbeziehungen ist daher für den Vorgesetzte
unerlässlich. Gruppenbildungen, die den soldatischen
Zusammenhalt und die Kameradschaft fördern, sind zu
unterstützen.
Leitsatz 16 Der
Vorgesetzte wendet bevorzugt Lob und Anerkennung an. Er lobt die
Soldaten auch schon bei kleineren Fortschritten und stärkt damit
ihr Interesse und Verantwortungsgefühl.
Leitsatz 17 Der
Vorgesetzte muss Befehle mit angemessenen Mitteln durchsetzen. Er
darf fehlerhaftes Verhalten seiner Untergebenen nicht dulden. Er soll
den Betroffenen hören, ihm die Folgen des Fehlverhaltens
deutlich machen und für die Zukunft richtiges Verhalten fordern
und, falls geboten, ihn Maßregeln. Rüge oder Tadel sollen
sachlich sein und frei von verletzender Schärfe.
Leitsatz 18 Der
Vorgesetzte bildet mit der Härte aus, die für die jeweilige
Aufgabe erforderlich ist. Er hält seine Soldaten auch zu der
Selbstdisziplin an, die ein Zusammenleben in der engen Gemeinschaft
fördert.
Leitsatz 19 Der
Vorgesetzte muss für die freiheitliche demokratische
Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintreten und daher auch die
politische und religiöse Einstellung seiner Soldaten achten. Das
Recht, seine persönliche Überzeugung zu äußern,
darf nicht dazu missbraucht werden, seine Soldaten in einer
bestimmten politischen oder religiösen Richtung zu beeinflussen.
Die Freiheit und Freiwilligkeit der religiösen Betätigung
sind sicherzustellen.
Truppenfürsorge
Leitsatz 20 Der
Vorgesetzte soll sich bewusst sein, das seine Soldaten Anspruch auf
Fürsorge haben. Die Sorge um das Wohl der ihm anvertrauten
Soldaten beeinflusst stets seine Entscheidungen und Maßnahmen.
Fürsorge soll die Soldaten unterstützen und ihnen helfen,
ohne sie auszukommen.
Leitsatz 21 Der
Vorgesetzte informiert seine Soldaten vorsorglich über die ihnen
zustehenden Fürsorgeansprüche. Soweit erforderlich, bedient
er sich der Unterstützung zuständiger Stellen. Hilfe gibt
er schnell, gründlich und so unbürokratisch wie möglich.
Die Unterstützung ist unabhängig vom Wohlverhalten der
Soldaten.
Leitsatz 22 Der
Vorgesetzte sorgt in besonderem Maße für Soldaten, die,
durch ihre Situation bedingt, mehr als andere belastet sind.
Leitsatz 23 Der
Vorgesetzte soll die freie Zeit der Soldaten nur soweit einschränken,
wie es dienstlich erforderlich ist: Freizeit dient nicht nur der
Erhaltung der Einsatzfähigkeit, sondern auch der persönlichen
Entfaltung.
Leitsatz 24 Der
Vorgesetzte sorgt durch rechtzeitige und sinnvolle Gestaltung des
Dienstplanes und durch rechtzeitige Information dafür, dass die
Soldaten früh genug ihre Freizeit vorbereiten können.
Leitsatz 25 Der
Vorgesetzte unterstützt die Soldaten bei der Gestaltung ihrer
Freizeit durch Hinweise und Bereitstellung von Mitteln und
Einrichtungen.
Personalführung
Leitsatz 26 Der
Vorgesetzte informiert seine Soldaten in Zusammenarbeit mit den
zuständigen personalbearbeitenden Stellen über ihre
Laufbahnaussichten und berät sie ihren Interessen und Begabungen
entsprechend.
Leitsatz 27 Der
Vorgesetzte trifft Entscheidungen so, dass er sich nicht nur von den
Erfordernissen seines Bereiches leiten lässt, sondern – wenn
immer möglich – das Wohl des einzelnen berücksichtigt.
Vor Entscheidungen oder personalwirtschaftlichen Maßnahmen, die
die Laufbahn eines Soldaten wesentlich beeinflussen, hört er die
Betroffenen und die Zwischenvorgesetzten. Ist die Entscheidung
getroffen, soll sie dem Soldaten durch den unmittelbaren Vorgesetzten
oder die personalbearbeitenden Stellen erläutert werden.
Leitsatz 28 Der
Vorgesetzte soll sich bemühen, seine Untergebenen richtig zu
erkennen und diese Erkenntnisse objektiv zu bewerten. Nur so kann er
gerecht beurteilen. Er muss sich im klaren darüber sein, dass
Beurteilungen nicht nur den Werdegang seiner Untergebenen
entscheidend beeinflussen, sondern auch Auswirkungen auf die
Bundeswehr haben.
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