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115 mm U-5TS

 

Die russische Panzerkanone U-5TS ( Kanone U-5TS / 2A20 bzw. D-68 / 2A21 ) 

In den 50er Jahren liefen in der Sowjetunion gleichzeitig eine ganze Reihe von Arbeiten zur Entwicklung neuer Kampfpanzer welche die gerade erst in den Truppendienst eingeführten T-54 / T-55 zukünftig ersetzen sollten.
Schon Anfang der 50er Jahre wurde es offensichtlich das der Hauptkampfpanzer T-54 nicht in der Lage sein würde den neuen Kampfpanzern des Westens ein Optimum an Feuerkraft, Panzerschutz und Beweglichkeit entgegenzusetzen. Deshalb wurde die 100 mm Kanone
D-10T konstruktiv verbessert und unter der Bezeichnung D-54TS mit einer um 30 % vergrößerten Mündungsenergie für die Entwicklung des zukünftigen neuen Kampfpanzers bereitgestellt. Die neue Kanone besaß schon eine Einrichtung zum Auswerfen der leeren Patronenhülsen nach dem Schuss um die Arbeit des Ladeschützen zu erleichtern und die Beeinträchtigung der Besatzung durch aus der leeren Hülse entweichende Pulvergase zu verringern.

Turm des Kampfpanzers T-62 mit der 115 mm Kanone U-5TS / 2A20Unter Führung des Konstrukteurs F.F. Petrov wurde die D-54TS weiterentwickelt um sie der internationalen Entwicklung anzupassen. Sie sollte der neuen Panzerkanone L7 des Westens eine höhere Leistung entgegensetzen können. Dazu wurde das Kaliber nach zahlreichen Analysen auf 115 mm festgelegt. Das Rohr sollte, erstmalig im Panzerbau, als Glattrohr ausgeführt sein. Die Rohrlänge erhöhte sich beträchtlich auf 55 Kaliberlängen. Im mittleren Drittel des Rohres befand sich ein Ejektor, auch als Rauchabsauger bezeichnet, zum selbsttätigen Ausblasen des Rohres nach dem Schuss. Von der D-54TS wurden eine große Anzahl von Bauteilen übernommen. Ausschlaggebend für den Übergang zum Glattrohr waren eine ganze Reihe von Faktoren. So ermöglichte die neue Kanone den Gasdruck im Rohrkanal um das 1,5 - 2fache zu erhöhen. In Verbindung mit einem verlängerten Rohr konnte die Anfangsgeschwindigkeit und die Mündungsenergie der Kanone erheblich gesteigert werden. Zu dem entfiel im glatten Rohr der Drall und damit der störende Einfluss der Fliehkräfte auf die Wirkung der Hohlladungsgranaten. Für die glattrohrige Kanone wurde neue, flügelstabilisierte Munition entwickelt.

Die neue 115 mm Kanone erhielt die Bezeichnung U-5TS bzw. 2A20. Der mit dieser Kanone bewaffnete neue Kampfpanzer, Entwicklungsbezeichnung Objekt 166, wurde 1962 als T-62 in den Truppendienst eingeführt und in Serie gebaut. T-62.jpgt-62_022.jpgLinks im Bild ein Blick auf die linke Seite der Kanone. Oben am Bodenstück befindet sich die sogenannte Wiederspanneinrichtung. Bewegt der Richtschütze den Griff nach hinten, so wird über einen aus dem Bodenstück ragenden Hebel die mechanische Schlageinrichtung erneut gespannt. Links unterhalb der Rückholfeder der Wiederspanneinrichtung befindet sich der Griff zum Schließen des Verschlusskeils. Dieser Griff wirkt direkt auf die Auswerferhebel und zieht diese soweit zurück, dass sie den Verschlusskeil freigeben. Das zweite  Bild zeigt das Bodenstück der 115 mm Kanone. Der Verschlusskeil ist entfernt worden. Rechts oben am Bodenstück befindet sich der Öffnerhebel. Zum Öffnen t-62_023.jpgwird der Griff nach oben geschoben um den Hebel aus der Arretierung zu nehmen, der Hebel wird um 90 Grad nach außen gedreht und nach dem Einrasten an der Öffnerwelle wieder zurückgeführt. Die Kraftzüge zum Öffnen des Verschlusses einer so großen Kanone sind in der Enge dieses Kampfraumes allerdings relativ ungünstig. Um die runde Öffnung im Bodenstück herum sind Ladehilfen aus Stahlblech angeschraubt die dem Ladeschützen die Einführung der sehr langen und schweren 115mm Patronen ins Patronenlager erleichtern. Die Rohrrücklaufeinrichtung befindet sich unter dem Bodenstück. Rechts ist angeordnet die Rücklaufbremse und links von ihr befindet sich der hydropneumatische Rohrvorholer. Als Abeitsmedium wird in beiden Baugruppen zumeist STEOL verwendet, das eine hohe Temperaturfestigkeit besitzt und sich auch nach mehreren Schüssen nicht wesentlich ausdehnt sowie die Viskosität nicht nennenswert verliert
Das nächste Bild zeigt die rechte Wannenseite mit dem Arbeitslatz des Ladeschützen. Wegen der großen Kanone mit voluminösem Bodenstück musste die Turmbasis des neuen sphärisch geformten Turmes auf 2245 mm Durchmesser gegenüber 1825 mm beim T-54
t-62_026.jpgvergrößert werden. Die an die kastenförmige Wanne angesetzte Verbreiterung für den neuen Turmdrehkranz ist gut erkennbar. Insgesamt 40 Patronen 115 mm befinden sich in der Wanne rechts vom Fahrerplatz in einem Munitionsgestell, an der Seitenpanzerung und im Wannenheck an der Motortrennwand. Um die Patronenlänge begrenzt zu halten, entschloss man sich den Durchmesser der Hülsen etwas zu vergrößern damit die notwendige Menge Treibladung in der Hülse untergebracht werden konnte. Dadurch sind die Patronen trotz des großen Kalibers noch handhabbar. Auch wenn die Grenze des Möglichen hier erreicht wurde.
Rechts oberhalb an der Seite des Bodenstücks befindet sich das sogenannte Blockiergerät. Es blockiert beim Rücklauf der Kanone selbsttätig die Waffenstabilisierung um dem Ladeschützen das sofortige gefahrlose Nachladen auch beim Schießen aus der Bewegung zu ermöglichen.
t-62_043.jpgMit Abschluß der Ladetätigkeiten war der mechanische Taster an der vorderen Seite des Blockiergerät erneut zu drücken damit die Kanone stabilisiert und der Abfeuerungsstromkreis geschlossen wurde. Zum manuellen Blockieren wurde der schwarze Taster an der rechten Seite des Blockiergerät gedrückt. Darauf hin wird der Taster an der vorderen Seite des Blockiergerätes mechanisch freigegeben und der elektrischen Endschalter der Stabilisierungsstromkreisesbetätigt. Während der Nachladephase war es dem Richtschützen nicht möglich die Kanone in Höhe und Seite zu richten. Die Kanone war in der Position beim Abschusszeitpunkt arretiert. Später modernisierte T-62 besaßen ein Zielfernrohr mit unabhängiger Stabilisierung des Sichtfeldes in der Höhe.

t-62_001b.jpgDer T-62 besitzt eine Einrichtung zum Auswerfen der leeren Patronenhülse. Sie besteht aus einer Fangeinrichtung mit einer mechanischen Auswerfereinrichtung und eine elektrisch angetriebene Auswurfluke im Turmheck. Nach dem Schuß fällt die Hülse in die Fangeinrichtung, die Kanone wird vom Waffenstabilisator "Meteor" in einen fixen Winkel von 3,5Grad überführt und hydraulisch gezurrt, danach wird der Auswurfmechanismus ausgelöst. Der Rahmen mit der Fangeinrichtung wird nach oben geschwenkt und es öffnet sich automatisch die Auswurfluke im Turmheck. Während des Ladens bleiben Kanone und Turm gezurrt. Nach dem Entblockieren am Blockiergerät durch den Ladeschützen ist die Kanone erneut feuerbereit.
Im Turmheck befindet sich auch der Filterlüfter der Kernwaffenschutzanlage, erkennbar an dem weißen runden Filterlüftergehäuse mit dem Ansuagrohr. Es handelt sich nur um eine Überdruckbelüftung mit Staubzentrifuge. Ein Kampfstofffilter ist, wie beim T-55, nicht vorhanden. Die grüne Baugruppe rechts vom Filterlüfter ist der sogenannte EMU Elektromaschinverstärker, ein Metadyn-Generator. Er dient der Stromversorgung des elektrischen Turmschwenkwerkmotors und arbeitet analog wie beim
Stabilisator STP-2 des T-55. Die Kampfraumbeleuchtung ist kein originales Bauteil und wurde später eingebaut.
In der Wanne, direkt hinter der Hülsenfangeinrichtung befindet sich die Munitionshalterung an der Motortrennwand. Wegen des größeren Durchmessers der Patronen ist sie gegenüber der gleichen Halterung beim T-55 wesentlich vergrößert worden.

 t-62_031.jpgt-62_021.JPGDas linke Bild zeigt einen Blick unter die Hülsenfangeinrichtung mit mechanischen Teilen der Betätigung der Schwenk- und Auswurfbaugruppe. Im Hintergrund ist die Munitionshalterung an der Motortrennwand erkennbar. Das Bild rechts zeigt die Hülsenfangeinrichtung aus Sicht des Richtschützen. Gut erkennbar die Mechanik für das Auswerfen und die Freigabe der Auswerferhebel. Nebenbei, der blaue Kasten an der Wannenseite, im Bild links, enthält den Kernstrahlungssensor der automatischen Kernwaffenschutzanlage. Bei Erkennen einer Strahlungsstärke die der Sofortkernstrahlung einer Kernwaffendetonation entspricht, wird der Motor gestoppt, die Blende am Zielfernrohr sowie die Jalousien über dem Triebwerksraum und das Eintrittsventil beim Filterlüfter schließen sich. Nach etwa 2 Minuten wird der Filterlüfter eingeschaltet und sein Lufteinlassventil geöffnet. Der Fahrer muss das gelöste Gestänge des Gaspedals wieder zusammenführen und kann den Motor anlassen. Die automatisch verschlossenen Jalousien über dem Triebwerksraum muss der Fahrer manuell öffnen.

Auf dem Schema unten sind die Teile der Auswurfeinrichtung und ihre Funktion im Verlauf des Rücklaufes des Bodenstückes skizziert. Die Hülsenauswurfeinrichtung arbeitet dabei im vollautomatischen oder im halbautomatischen Betrieb. Hier der Ablauf des automatischen Betriebes:


1 - Bodenstück, 2 - Zugstange, 3 - Kurvenstück, 4 - Stift, 5 - Sperrhebel des Hub-Rahmens, 6 - Kipphebel
7 - Sperrklinke, 8 - Auswerferhebel, 9 - Drehstabfeder der Auswerfer, 10 - Klappe
11 - Spiralfeder, 12 - Welle, 13 - Kanonenschutzabweiser, 14 - Zugfinger des Elektromagnetes
15 - Hülsenfixierung, 16 - Anschlagplatte, 17 - Hülsenschale

  1. nach dem Abschuss beginnt der Rücklauf, über die Zugstange (2) wird das Kurvenstück (3) nach hinten verdreht, dabei spannt die Kurvenscheibe die Drehstabfeder (9) der Auswerferhebel (8)
  2. die leere Hülse wird ausgeworfen, fällt in die Hülsenschale (17) schlägt gegen die Anschlagplatte (16)
  3. die Fangkrallen fixieren die Hülse in der Hülsenschale und der Hülsenboden drückt den Endschalter der Auswurfelektrik an der Anschlagplatte,
  4. dadurch wird an die Waffenstabilisierung das Signal zum Überführen der Kanone in den Ladewinkel von 3,5 Grad gegeben, nach einnehmen des Ladewinkels wird die Kanone hydraulisch gezurrt
  5. die Auswurfluke wird elektrisch geöffnet
  6. der Fangrahmen wird vom Sperrhebel (5) freigegeben und durch den elektrischen Antrieb angehoben
  7. bei Erreichen des Winkels zum Auswerfen, werden die Drehstabfedern der Auswerferhebel freigegeben und die Hülse wird aus der Luke ausgeworfen
  8. der Rahmen senkt sich in die Ausgangslage zurück und die Auswurf-Luke schließt sich, der Sperrhebel (5) rastet am Hub-Rahmen ein und arretiert ihn wieder
  9. nach dem Laden der Kanone und dem Betätigen des Blockiergerätes für den Waffenstabilisator ist die Kanone erneut Feuerbereit.

Im halbautomatischen Betrieb bleibt der gleiche Ablauf bei Schritt 1 stehen, der Ladeschütze kann die Hülse manuell entnehmen oder je nach Bedarf weiter verfahren. Auf dem folgenden Foto aus den Kämpfen in Tschetschenien ist die Auswurfluke sehr gut zu erkennen. Links der Auswurfluke sieht man die Lufteintrittsöffnung der Filterventilationsanlage des T-62, die zusätzlich auch für die Belüftung des Kampfraumes beim Schießen vorgesehen war.

Kampfpanzer T-62 in Tschetschenien, Hülsenauswurfluke geöffnet
T-62 im Einsatz in Tschetschenien

In der Zeit der Fertigstellung des T-62 gegen Ende der 50er Jahre entwickelte das Konstruktionsbüro Morozovs im ukrainischen Charkov den geplanten neuen sowjetischen Standardkampfpanzer T-64 . In erster Linie für diesen neuen Panzer wurde die 115 mm Kanone im Konstruktionsbüro Nr. 9 modifiziert und unter der Bezeichnung D-68 bzw. 2A21 produziert. Die ersten Vorserienmuster des T-64 wurden dann auch mit dieser Kanone bewaffnet. Die D-68 für den T-64 verschoss wegen dem erstmals verwendeten Ladeautomaten geteilte 115 mm Munition, bestehend aus der Granate und einer teilverbrennenden Treibladungshülse.

Bisher ist es mir nicht gelungen genaueres Zahlenmaterial zu dieser Kanone einzusehen. Wer genauere Angaben und weitere Informationen besitzt, den bitte ich um Unterstützung.

Vielen Dank an Witali vom Team www.T80Leningrad.narod.ru für die freundliche Unterstützung,
das Team stellt auf seiner Homepage die Geschichte des T-80 dar

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Copyright: Stefan Kotsch