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Neuer russischer Kampfpanzer
der nächsten Generation Einige
Informationen und Gedanken zum Kampfpanzer "T-95"
Quelle: russische
Patente "Hochgeschützter Kampfpanzer mit Zweimannbesatzung"(SPEZMASH,
St Petersburg), "Turm für einen Kampfpanzer, "Kampfpanzer
neuer Generation" und "Feuerleitanlage für Kampfpanzer"
(KBTM, Omsk) Stand: 16.05.2015
Seit Ende der 90er
Jahre ist der zukünftige russische Kampfpanzer immer wieder
Mittelpunkt heißer Diskussionen. Dennoch sind auf Grund
der großen Geheimhaltung bisher keine konkreten Informationen
bekannt geworden. Im Dezember 2007 gab Armeegeneral
Nikolai Makarov, Verantwortlich für die Ausrüstung
der russischen Streitkräfte, bekannt, dass die russische
Armee plant, im Jahre 2009 einen konzeptionell völlig neuen
Kampfpanzer in den Truppendienst zu übernehmen. Makarov
erklärte, die Erprobung laufe bereits und werde in 2008
abgeschlossen. Entgegen allen Bekundungen wurde der neue Kampfpanzer
bisher noch nie der Öffentlichkeit vorgestellt. Ursachen
sind in der laufenden Umstrukturierung der russischen Streitkräfte
zu suchen, wobei offensichtlich für die Kampfpanzer andere,
neue Einsatzvorstellungen vorgesehen sind, die mit einer Konzeption
wie sie der "T-95" verkörpert nicht mehr zu vereinbaren
sind. Der Artikel stellt einen kurzen Abriss über die bekannt
gewordenen konzeptionellen Ideen zum russischen Kampfpanzers
der neuen Generation dar. Der neue Kampfpanzer soll die gegenwärtigen
ausländischen Mustern in allen Leistungsparametern übertreffen.
Dabei zeichne sich der neue Kampfpanzer durch die Verwendung
neuester, bisher nicht verwendeter Technologien aus. Neuartig
werde insbesondere das Laufwerk, die Antriebsanlage, die Feuerleitanlage,
die Zielerkennungs- und Erfassungsgeräte, ein integriertes
Informations-Managementsystem und anders mehr sein. In diesem
Zusammenhang machte Makarov deutlich, dass die erfolgreiche
Einführung dieses Kampfpanzers in erheblichem Maße
davon abhängt, ob die Zulieferbetriebe in der Lage sein
werden, Baugruppen und Teile in der erforderlichen Qualität
herzustellen. Die bisherige Situation habe sich hier, nach dem
Zusammenbruch der UdSSR, in einigen Bereichen nur unbefriedigend
entwickelt, bedauerte Makarov. Dass Bereits Ende der 90er Jahre
wurden von den Kostruktionsbüros SPEZMASH, St. Petersburg
und KBTM Omsk Projekte entwickelt und patentiert, die auf einen
Kampfpanzer neuster Generation hinauslaufen. Im Folgenden sollen
die verfügbaren Informationen zusammengefasst werden.
Der
von SPEZMASH vorgeschlagene Kampfpanzer stellt den Schutz der
zweiköpfigen Besatzung in den Mittelpunkt der Konstruktionsarbeiten.
In der Patentschrift wird betont, dass, soweit möglich,
bereits vorhandene, bewährte Baugruppen und Aggregate
verwendet werden sollen. Neu ist im wesentlichen die Unterbringung
der Besatzung in einer isolierten, gepanzerten Kapsel im
Masseschwerpunkt des Panzers.
Neu bei diesem Projekt
ist die Unterbringung der kompletten Antriebsanlage im Wannenbug. Der selbsttragende Wannenkörper besteht aus einer
Grundpanzerung und zusätzlichen, abnehmbaren Panzerungsblöcken
sowie Elementen reaktiver Panzerung.
Insbesondere der Wannenbug ist mit einem massiven zusätzlichen
Panzerungsblock geschützt, der auch die Luftansauganlage
aufnimmt. Der Triebwerksraum ist durch Panzerwände von
den nachfolgenden Räumen getrennt. Der Zugang erfolgt über
Montageluken auf dem Wannenoberteil. Zur Verbesserung der Sicht
über die sehr weit vorstehende Bugnase wird eine
TV-Kamera auf dem Wannenbug installiert. Das Kettenlaufwerk
soll mit der bewährten Drehstabfederung an Schwingarmen
ausgestattet werden. Eine regelbare hydropneumatische Federung
ist durchaus denkbar. Direkt hinter dem Triebwerksraum folgt
der Besatzungsraum. Zu diesem Konzept entschlossen
sich die Entwickler in Auswerung der Erfahrungen mit dem israelischen
Kampfpanzer MERKAVA. Allerdings verweist das Patent auf einen
gravierenden Mangel des MERKAVA, bei dem die Besatzung nicht
isoliert von Bewaffnung und Munition und ohne Möglichkeit
zur Hermetisierung des Kampfraumes untergebracht ist. Für
den neuen Kampfpanzer wählten die Entwickler
deshalb eine sogenannte Kapsel, die an allen Seiten stark gepanzert
ist und die völlige Isolierung von den anderen Räumen
des Panzers garantiert. Hinter der am stärksten gepanzerten
Trennwand zum Triebwerksraum sind die Baugruppen der Fahrzeugsteuerung,
der Feuerleitanlage und die Ziel- und Beobachtungsgeräte
untergebracht. Als Besatzung sind vorgesehen ein Fahrer und
der Kommandant, der auch die Rolle des Richtschützen übernehmen
soll. Die Feuerleit- und Fahrzeugführungsausstattung umfasst
TV-Kameras, die im Restlichtbereich auch als Nachtsichtanlage
genutzt werden, sowie Tagsicht- und Wärmebildbeobachtungsgeräte
im Wannendach und zusätzlich an der Geschützplattform,
deren Bild über LCD-Monitore an den Besatzungsplätzen
angezeigt wird. Ein integriertes Informations-Managementsystem
überwacht und regelt die Betriebsparameter aller Fahrzeugbaugruppen
einschließlich des Triebwerks und der Waffenanlage, stellt
die Navigation sicher, zeigt taktische Lageinformationen, garantiert die Funkverbindungen und umfasst
ebenfalls den Feuerleitrechner und die Steuerung der Waffenricht-
und stabilisierungsanlage. In der Kapsel ist ebenfalls das System
der Lebenssicherung mit einer automatischen ABC-Spür- und
Filterventilationsanlage, einer Klimanalage und der Steuerung
der schnellwirkenden Brandunterdrückungsanlage untergebracht.
Das System der Lebenssicherung ist so ausgelegt, dass der Besatzung
ein ununterbrochener kompfortabler Aufenthalt über 72 Stunden
garantiert wird. Über ein Panzerschott ist der Besatzung
der Zugang zum sich hinten anschließenden Raum unter der
Geschützplattform möglich.
Die
Geschützplattform trägt auf einer stark
gepanzerten Kuppel eine Kanone in Scheitellafette und ein koaxiales
Maschinengewehr. Dabei kann die Kanone vom Kaliber 125 mm oder
größer sein. Die Gestaltung der Lafettenanlage ermöglich
den Einsatz verschiedener Kaliber ohne größere Änderungen
an der Konstruktion. Links und rechts der Rohrwiege, auf der
Panzerkuppel,
sind die Hauptzielfernrohre aufgehängt. Wobei ein TV-Tagsicht
und ein Wärmebildzielfernrohr vorgesehen sind, deren Bilder
auf Monitoren an den Besatzungplätzen in der Kapsel dargestellt
werden. Das Bodenstück ist mit einer hermetischen Hülle
versehen, in der die notwendigen Luken für das Auf- und
Abmunitionieren und die Wartung vorhanden sind. Unterhalb der
Panzerkuppel befindet sich das Munitionsmagazin in Form zweier
symmetrischer, ineinander stehender
Kassettenringe, die Elektronik der automatischen Ladeeinrichtung
und die Handantriebe für deren Notbetrieb. Die gesamte
Geschützplattform kann um 360 Grad gedreht werden, wobei
das Laden in jeder Turmstellung möglich ist. Das Anheben
der Munition und das Zuführen in den Ladungsraum der Kanone
erfolgt über einen Hebelmechanismus.
Im
Heckteil, direkt hinter der Geschützplattform sind Baugruppen
untergebracht, deren Ausfall nicht gravierend auf die Gefechtsbereitschaft
des Fahrzeuges wirkt, die aber zu Wartungszwecken einen unkomplizierten
Zugang erforden, wie zum Beispiel die Akkumulatoren der elektrischen
Stromversorgung. Im Heckraum ist ebenfalls ein zusätzliches
Bedienpult zur
Steuerung der automatischen Ladeeinrichtung untergebracht. Große
Zugangsluken ermöglichen für Wartungsarbeiten den
Zugang zur Ladeeinrichtung und weiteren Baugruppen unter der
Geschützplattform. Die Panzerung am Wannenheck ist über
die besondere Gestaltung der Zugangsluken als Sollbruchstelle
vorgesehen, um im Falle einer Explosion der Munition die Druckwelle
nach hinten entweichen zu lassen. Aus diesem Grund ist auch
die vorn gelegene gepanzerte Trennwand zur Besatzungskapsel
so ausgelegt, dass sie einer Explosion im Munitionsmagazin standhalten
kann. Am Wannenheck ist, analog wie am Wannenbug, eine zusätzliche
TV-Kamera angebracht, die bei Rückwärtsfahrt die Sicht
nach hinten ermöglicht. Der Entwickler SPEZMASH verwies
bereits in seinem im September 1999 veröffentlichten Patent
darauf, dass die Realisierung dieses Kampfpanzers von der Verfügbarkeit
modernster Technologien auf den Bereichen der Optik/Optronik
und der Elektronik abhängt. Für Kettenlaufwerk und
Antrieb wurde die Verwendung von Baugruppen vorhandener, durchkonstruierter Kampfpanzer empfohlen.
Eine
andere Variante eines Kampfpanzers neuerer Generation liess sich
das Konstruktionsbüro KBTM in Omsk patentieren. Dieser Kampfpanzer
wurde als MBT BLACK EAGLE weltweit bekannt. Die Entwickler wählten
eine eher konventionelle Variante mit dem Fahrerraum im Wannenbug,
dem Kampfraum unterhalb des Turms und dem Antriebsblock im Heck.
Allerdings wurden Kommandant und Richtschütze unterhalb
des Turmdrehkranzes in einer hermetisierten, gepanzerten und
von der Waffenanlage isolierten Kapsel untergebracht. Die Munition
und die automatische Ladeeinrichtung sind in einem austauschbaren
Transport-Ladecontainer untergebracht,
am Turmheck eingehängt und damit
von den Besatzungsplätzen getrennt worden. Auf eine drehbare
Kommandantenkuppel wurde verzichtet, wegen der Position der
Sitzplätze
in einer hermetischen Kapsel im Turm unterhalb
des Turmdrehkranzes können
nur periskopische
Ziel- und Beobachtungsgeräte sowie TV-Systeme verwendet
werden. Die Entwickler beabsichtigten, ihren Kampfpanzer auch
mit einem Gefechtsfeldradar auszurüsten, der zur Zielaufklärung
und zur automatischen Zielbegleitung, eventuell als Funkmessvisier
eingesetzt werden. Das Bild links zeigt eines der geplanten
Multifunktionsbediengeräte, wie sie die Entwickler für
Kommandant und Richtschütze vorgesehen haben. Alle Funktionen
der Feuerleitanlage und der elektrischen Waffenrichtanlage,
sowie die Darstellung der Sicht von Rundblickzielfernrohr, Hauptzielfernrohr,
Wärmebildgerät, Hilfs-TV-Zielfernrohr und Gefechtsfeldradar
sind in diesem Multifunktionsbediengeräte vereinigt. Außerdem
bietet das Display Zugriff auf die Navigationsanlage, die taktische
Lagedarstellung und die Betriebsparameter aller Aggregate des
Panzers Auf
dem Turm sind die bekannten Schutzsysteme SHTORA
und ARENA bzw DROZD sowie eine Nebelmittelwurfanlage angeordnet.
Die Turmpanzerung unterscheidet sich erheblich von der Panzerung
der Türme, wie dem des T-90S. Der Turm ist außerordentlich
flach gehalten und modulartig aufgebaut. Eine geschweißte
Grundpanzerung wird mit autauschbaren Panzerungsmodulen und
Blöcken reaktiver Panzerung ergänzt. Die Rohrwiege
mit Kanone ist getrennt vom Turminnenraum im Zwischenraum des
Turmgrundkörpers untergebracht. Rings um den Turmgrundkörper
sind in der vorderen Halbsphäre austauschbare Panzerungsblöcke
angebracht, die mit Elementen reaktiver Panzerung verstärkt
sind. Auch die seitlichen und hinteren Turmteile sind mit reaktiven
Panzerungsmodulen ausgestattet. Am Turmheck befindet sich die
Aufnahme für den Transport-Ladecontainer.
Ein ähnlich
konstruierter Turm ist für
die Modernisierung älterer Kampfpanzer entwickelt worden.
Wie der angekündigte neue russische
Kampfpanzer letztlich aussehen wird, bleibt abzuwarten. Als
relativ sicher kann angenommen werden, dass die Besatzung in
einer gesonderten, gepanzerten Kapsel untergebracht sein und
über modernste Führungs- und Feuerleitmittel verfügen
wird. Munition und Waffenanlage sind von den übrigen Räumen
des Kampfpanzers getrennt. Der Turm wird durch eine turmlose
Scheitellafettierung oder einen Flachturm eine extrem kleine
Silhouette aufweisen. Als Antriebsanlage wählen die Entwickler
mit großer Wahrscheinlichkeit einen Hochleistungsdieselmotor,
möglicherweise
der Baureihe 2V, von 1200
PS oder mehr, der mit einem modernen automatischen hydromechanischen
Schalt- und Lenkgetriebe gekoppelt ist. Das Kettenlaufwerk basiert
auf dem bewährten Laufwerk des Kampfpanzers T-90, möglicherweise
ergänzt um eine regelbare hydopneumatische Federung.
Als Hauptbewaffnung greifen die Entwickler vermutlich zuerst
auf die 125 mm Kanone 2A46M zurück. Sie ist bewährt
und besitzt noch immer ein enormes, nicht voll ausgeschöpftes
Entwicklungspotential. Die Leistungsfähigkeit der APFSDS-Munition
für diese Kanone war bislang, neben anderen Problemen,
durch die verfügbare Länge der Munitionskassetten
limitiert. Durch die neuen Magazinformen wird es nun möglich
sein, längere APFSDS-Geschosse zu verwenden. Die Turmgestaltung
ist mit Sicherheit unter dem Gesichtspunkt gewählt, dass
der spätere Einbau einer Kanone größeren Kalibers
ohne größere Änderungen erfolgen kann.
Kritisch kann angemerkt werden, dass die isolierte Unterbringung
der Besatzung den direkten Kontakt mit dem Gefechtsfeld über
die direkte Rundumsicht durch Winkelspiegel oder bedarfsweise
über die offene Luke kaum ermöglicht. Erfahrungen aus
allen Kriegen zeigen bis in die heutige Zeit immer wieder, dass
der unmittelbare visuelle und akustische Kontakt zum Gefechtsgeschehen von
größter Wichtigkeit für zweckmäßige
Entschlüsse bereits auf der Führungsebene des Einzelpanzers
ist. Es wird sich zeigen, ob die verantwortlichen russischen
Militärs bereit sind, sich von taktischen Vorstellungen
der in Panzerschlachten überwiegend angriffsweise und in
großen geschlossenen Formationen handelnden Panzertruppen
zu trennen.
Anlässlich der Parade zum 70. Jahrestag
des Sieges hat die russische Armee erstmals den neuen russischen
Kampfpanzer vorgestellt der, offiziell als T-14 Armata bezeichnet,
nun als die Verwirklichung des geisterhaften T-95 gelten darf.
Der Entwickler und Hersteller URALVAGONZAVOD machte jedoch
deutlich, dass noch enorme Anstrengungen unternommen werden
müssen um den T-14 in einigen Jahren als serienreif bezeichnen
zu können. Bisher ist geplant die Serienproduktion etwa
im Jahre 2020 aufzunehmen. Man darf gespannt sein.

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